Würzburg (POW) Pater Lukas Schmidkunz ist Provinzial der deutschen Augustinerprovinz mit Sitz in Würzburg. Wie er den neuen Papst Leo XIV. erlebt hat, was es für den Orden bedeutet, dass ein Augustiner Papst geworden ist, und welche Erwartungen er hat, erzählt er im POW-Interview.
POW: Haben Sie den neuen Papst schon einmal persönlich getroffen?
Pater Lukas Schmidkunz: Ja, einige Male. Das letzte Mal 2019 im Rahmen des Generalkapitels in Rom. Er ist ein nahbarer Mensch. Er ist ein Bruder geblieben, auch in seiner Zeit als Generalprior war das deutlich zu spüren. Ich habe ihn so erlebt, in meiner Zeit im Kloster in Germershausen in Niedersachsen, dass er interessiert war an dem, was wir tun und was wir arbeiten, wie es uns geht und wie wir in der Region, in der wir tätig sind, unterwegs sind und wirken.
POW: Wie war es am Donnerstagabend hier im Kloster?
Schmidkunz: Nachdem der weiße Rauch aufgestiegen war, haben wir uns langsam vor dem Fernseher zusammengefunden und darauf gewartet, wer der neue Papst wird. Wir haben nicht damit gerechnet, was dann gekommen ist. Als der Kardinalprotodiakon auf die Loggia trat und zuerst den Kardinalsnamen des neuen Papstes aussprach, waren wir alle überrascht, erstaunt, baff. Es ist schon etwas Besonderes, wenn einer aus den eigenen Reihen als Papst gewählt wird. Dann kamen die ersten Rückmeldungen, nicht nur von der Presse, sondern von Freundinnen und Freunden, Bekannten, Menschen, die zu uns in die Kirche kommen. Die Handys standen nicht mehr still. Unser Generalprior in Rom, Alejandro Moral Antón, hat die Gratulation überbracht.
POW: Es geht das Gerücht, dass Papst Leo XIV. schon einmal in Würzburg war.
Schmidkunz: Ja, mehrfach. Er hatte zwei Amtszeiten als Generalprior, und es gehört zu den Aufgaben eines Generalpriors, dass er die Provinzen weltweit visitiert. Er war zu zwei Visitationen in Deutschland und unter anderem auch in Würzburg. Wenn ich es richtig weiß, hat er 2007 im Rahmen der Visitation den Augustinusweg in Messelhausen eingeweiht, und 2012 war er noch einmal zu einem eher privaten Besuch mit dem Generalrat hier im Fränkischen. Und ich habe ihn, wie schon gesagt, bei einer Visitation erlebt, als ich Leiter der Bildungsstätte in Germershausen war. Er hat sich da als Seelsorger gezeigt und war sehr an unserer Seelsorge interessiert.
POW: Welche Erwartungen haben Sie an den neuen Papst?
Schmidkunz: Es werden immer so schnell so viele Erwartungen an einen neuen Papst geäußert. Ich denke, er ist einer, der für Verständigung steht. Ich glaube, er ist ein wirklich sehr auf die Seelsorge ausgerichteter Mensch. Er war ja lange Zeit Bischof und hat sich um Gemeinden gekümmert, Gemeinden gegründet und seine Gemeinden auch in unwegsamen Gebieten besucht. Es gibt Fotos von ihm, wie er auf seinem Maultier in seiner Diözese unterwegs ist. Meine Erwartungen sind eigentlich die, dass er die aufgeschlossene und den Menschen zugewandte Art, die ich bei ihm kennengelernt habe, behält und auch weiterführt, dass er schaut, was Menschen brauchen.
Er hat einen weltweit agierenden Orden geleitet und dabei auch sicherlich erfahren, dass in den verschiedenen Regionen dieser Welt die Menschen verschiedene Probleme und Ansprüche haben und dass es verschiedene Herausforderungen gibt. Ich glaube, dass er diese Verschiedenheit kennt und wahrnimmt und nicht einer ist, der alles über einen Kamm schert, sondern dass er zu differenzieren weiß, was wo auf dieser Welt gebraucht wird. Und das ist in Afrika nun mal anders als in Europa, in Deutschland anders als in Spanien, in Südamerika anders als in Nordamerika, und in Asien noch mal ganz anders. Von daher denke ich, dass er diese Unterschiede respektiert, wahrnimmt, und katholisch nicht so versteht, dass alle immer das Gleiche tun müssen.
POW: Was bedeutet es, dass ein Augustiner Papst ist?
Schmidkunz: Er ist von seinem Werden her grundlegend augustinisch geprägt. Augustinus war kein systematischer Theologe, sondern er hat auch auf die Herausforderungen seiner Zeit reagiert. Er hat in seinen Schriften auch auf das reagiert, was die Menschen an ihn herangetragen haben. Und dann hat er sich hingesetzt, hat nachgedacht und darüber etwas geschrieben, um zum einen Lehre zu verdeutlichen, aber auch zum anderen, um sich als Seelsorger den Menschen zuzuwenden. Ich denke, bei Augustinus sind die Briefe, die er geschrieben hat, viel wichtiger als die großen dicken Werke über den Gottesstaat oder die Trinität. Da, wo er den Menschen zugewandt ist, findet man bei Augustinus viel Authentisches. Und ich denke, aus diesem theologischen Schatz kann auch Leo XIV. sicherlich schöpfen und wird es, hoffe ich, auch tun.
Das Interview führte Anna-Lena Ils (Radioredaktion)
(2025/0478; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet