Schweinfurt (POW) Bischof, Dekan, Caritasreferent, Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen sind sich an diesem Abend einig: „Wir müssen den christlichen Glauben im Kindergarten ermöglichen, damit die Kinder hineinwachsen können.“ Im Kindergarten KiZ (Kinder im Zentrum) der Pfarrei Maximilian Kolbe am Schweinfurter Deutschhof sitzen sie am Donnerstagabend, 15. Dezember, zusammen und diskutieren Entwicklungen im Kindergartenbereich am Beispiel des KiZ: Bischof Dr. Friedhelm Hofmann, Dekan Stefan Mai mit Mitarbeitern seiner Pfarrei am Deutschhof, der Sachbereichsleiter „Katholische Kindertageseinrichtungen“ des Diözesancaritasverbands, Michael Deckert, sowie zwölf Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen des KiZ. Von 2003 bis 2005 hat der Kindergarten am Projekt „Vertrauen in das Leben stärken – Das Profil katholischer Kindertageseinrichtungen“ der Deutschen Bischofskonferenz teilgenommen. Mit Erfolg, denn seither hat sich so manches verändert im KiZ.
Das Profil als katholische Einrichtung zu wahren, ist gar nicht so einfach in einem Kindergarten wie dem KiZ in Schweinfurt: 40,7 Prozent der 121 Kinder sind katholisch, 39,8 Prozent evangelisch, 14,4 ohne Konfession, 4,2 Prozent muslimisch und 0,9 Prozent fallen in die Rubrik „Sonstige“. Zahlen zur Religionszugehörigkeit. Hinzu kommen noch aussagekräftigere Zahlen zur Herkunft der Kinder: 80,2 Prozent der Kinder im KiZ sind Aussiedlerkinder mit Eltern, die nicht aus Deutschland kommen, die zum Großteil aus Kasachstan und Russland stammen. 20 Prozent dieser Eltern leben von Sozialhilfe. 15,7 Prozent der Kinder im KiZ haben zumindest ein Elternteil, das in Deutschland geboren ist. 4,1 Prozent sind Ausländerkinder. Das Stichwort „Parallelgesellschaft am Deutschhof“ fällt beim Blick auf diese Zahlen, die Realität des Schweinfurter Stadtteils spiegele sich auch im Kindergarten wider.
Wichtig sei, dass dennoch das katholische Profil des Kindergartens erhalten bleibe, sagt Bischof Hofmann. „Wir sind eine missionarische Kirche. Das gilt es auch im Kindergarten umzusetzen. Wir dürfen uns bei der Glaubensweitergabe nicht zurückziehen.“ Caritas-Referent Deckert unterstreicht die Worte des Bischofs: „Wir müssen unser katholisches Profil schärfen und gleichzeitig unsere Kindergärten für Kinder anderer Konfessionen und Religionen offen halten. Kinder haben ein Recht auf die Begegnung mit Gott!“ Bischof Hofmann führt den Gedanken weiter und nennt es eine „große Chance“, über die Kinder die Eltern neu zum Glauben zu führen, ohne aufdringlich zu sein. „Der Kindergarten ist die Tür zum Pfarrhaus und zur Kirche.“
Ninette Schmitt, die Leiterin des KiZ, beschreibt den Weg im Rahmen des Projekts „Vertrauen in das Leben stärken“ der Deutschen Bischofskonferenz. Schwerpunkte seien die religiöse Erziehung und die Elternarbeit gewesen. Dabei seien die Erzieherinnen den Eltern viel näher gekommen. Schmitt empfindet es fast als etwas banal, wenn sie von der Idee der „Kennenlern-Elterngespräche“ spricht. Man habe mit den Eltern nicht über die Kinder gesprochen, sondern sie in angenehmer Atmosphäre nach ihrer eigenen Lebenssituation gefragt. Großes Vertrauen sei durch die Gespräche gewachsen, viele Türen hätten sich geöffnet. „Die Eltern setzen nicht auf Highlights, sondern sie suchen die persönliche Begegnung.“ Praktisches ist daraus in den Räumen des Kindergartens entstanden: beispielsweise ein Deutschkurs der Volkshochschule für Mütter von Aussiedlerkindern oder ein Sprachkurs für die Kinder. Besonders wichtig sei jedoch gewesen, die Persönlichkeit der Erzieherinnen zu fördern. Das persönliche Zeugnis sei gefragt – vor allem wenn es um den Glauben gehe.
Schmitt und ihrem Team ist das mit ihrem überdurchschnittlichen Einsatz im KiZ gelungen. Sie überzeugen die Eltern. 50 Stunden hat die Einrichtung pro Woche geöffnet. Eltern können sich flexibel für die tägliche Betreuungszeit entscheiden – für die Erzieherinnen eine große Herausforderung, für Eltern und Kinder ein tolles Angebot. Im KiZ gibt es nur offene Gruppen, die jeweils einzelne Erfahrungsbereiche abdecken. Trotz hoher Anforderungen und großer Erwartungen können die meist jungen Erzieherinnen heute sagen: „Es ist schön, im KiZ zu arbeiten. Wir sind stolz darauf.“ Und Langweile kommt im KiZ bestimmt nicht auf: Neben Kindergarten ist es auch Zentrum für die Krabbelgruppe, für den Müttertreff, für die Seniorentanzgruppe, für die Gymnastikgruppe, für den Kinderchor, für die Taufvorbereitung, für das Kindergottesdienstteam und für die Jugendband.
Nach Gottesdienst, Segnung eines neuen „Raums der Stille“ im KiZ, nach Diskussion und Imbiss bleibt Pfarrer und Dekan Stefan Mai noch kurz Zeit, dem Bischof seine zwölf Thesen zur Bedeutung der katholischen Kindergärten aus der Sicht und der Erfahrung eines Trägervereins mitzugeben. Der Kindergarten sei in solch anonymen Gesellschaften wie am Schweinfurter Deutschhof die einzige Chance, um junge Familien für den Glauben ansprechen zu können, sagt der Dekan. Nötig sei, die kirchlichen Angebote zu vernetzen, beispielsweise die Familienberatung in den Kindergarten zu holen. Der Bischof nimmt die Thesen mit nach Würzburg und wird sie weiterverfolgen – zusammen mit der Bitte dieser abendlichen Runde, sich für die seelsorgliche Betreuung des Kindergartenpersonals einzusetzen.
Im Bistum Würzburg gibt es 484 katholische Kindergärten, 19 katholische Horte und sechs katholische Kinderkrippen unter dem Dach des Caritasverbands für die Diözese Würzburg. Der Caritasverband stellt damit 61 Prozent aller Kindergärten in Unterfranken. 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen in den katholischen Kindergärten, Horten und Krippen rund 27.500 Kinder. Vor zehn Jahren waren es allein in den katholischen Kindergärten des Bistums noch 31.000 Kinder. Ein Problem, das sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird.
Bernhard Schweßinger (POW)
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