Maidbronn (POW) 500 Jahre Riemenschneideraltar in Maidbronn: Mit einer Vielzahl von Veranstaltungen begeht die Kuratiegemeinde Sankt Afra in Zusammenarbeit mit der Domschule Würzburg dieses besondere Jubiläum. „Wobei wir sagen müssen: Ganz genau wissen wir nicht, wann Tilman Riemenschneider das Kunstwerk mit der Beweinung Christi schuf. Gemeinhin heißt es ‚zwischen 1523 und 1526‘“, sagt Domkapitular em. Dr. Helmut Gabel. Seit mehr als 25 Jahren ist er Seelsorger in Maidbronn (Landkreis Würzburg). Es existiere aber unter anderem ein Hinweis, dass der Altar schon 1518 in Maidbronn errichtet wurde. Ebenso unklar wie das genaue Entstehungsdatum sei auch, von wem und warum der Altar in Auftrag gegeben wurde.
„Es gibt zahlreiche Hypothesen dazu, die alle unterschiedlich plausibel und letztlich nicht belegbar sind“, erzählt Gabel. Wenig glaubwürdig sei die Annahme, der Altar, Riemenschneider letztes Werk, sei ursprünglich in Rimpar gestanden. „Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund für einen späteren Standortwechsel.“ Zudem falle in den ersten Aprilwochen nachmittags das Licht so durchs Fenster der Kirche, dass der Leichnam Jesu als einziges Objekt der Szene hell beleuchtet werde. „Für mich ein deutlicher Hinweis darauf, dass der Altar seit jeher dort stand. Während wir am Karfreitag den Tod Jesu feiern, erstrahlt der Leichnam in hellem Licht. Ähnlich ist es ja auch beim Riemenschneideraltar in Creglingen, der die Aufnahme Mariens in den Himmel darstellt: Dort scheint am Festtagabend im August die Sonne auf das Gesicht Mariens.“
Eine andere Hypothese besagt, dass Riemenschneider während des Bauernkriegs im Zisterzienserinnenkloster von Maidbronn Zuflucht gefunden habe. Aus Dankbarkeit habe er dann für die Klosterkirche der Ordensfrauen das Kunstwerk geschaffen. „Wenig wahrscheinlich, wenn ein paar Jahre vorher die Schwestern vom Bischof allein schon deshalb gerügt wurden, weil sie trotz ihrer strengen Klausur vom Fenster aus mit den Dorfbewohnern redeten. Da hätte ein Mann, der in der Klausur lebt, noch weitaus mehr Probleme verursacht“, sagt Gabel.
Schon eher denkbar sei es, dass die Herren von Grumbach den Altar bei Meister Riemenschneider in Auftrag gegeben haben. „Sie haben schon lange Zeit ihre Angehörigen im Kloster begraben lassen, wohl im Wissen, dass dort täglich die heilige Messe gefeiert und siebenmal täglich gebetet wird, auch zum Heil der dort Begrabenen.“ Aber nirgendwo befindet sich ein Wappen der Auftraggeber oder die Darstellung eines Stifters.
Seit 1235 habe das Zisterzienserinnenkloster in Maidbronn bestanden, um das Jahr 1525 sei dessen Blütezeit aber schon lange vorbei gewesen. „Damals lebten gerade noch vier Schwestern dort.“ Das Kloster soll in finanziellen Nöten gewesen sein. Konnten es sich dann die Schwestern leisten, ein teures Altarbild zu bestellen? Aber vielleicht waren sie gerade deshalb in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen, weil sie sich mit dem großen Projekt übernommen hatten? Vieles bleibe im Dunkel der Geschichte. „Man darf gespannt sein, welche Erklärungen im Rahmen des Jubiläums die Fachleute geben“, sagt Gabel.
Als langjähriger Leiter der Hauptabteilung Außerschulische Bildung des Bistums sei es für ihn klar gewesen, dass das Jubiläum verschiedene Herangehensweisen für unterschiedliche Zielgruppen brauche. Neben einem Festgottesdienst zum Auftakt des Jubiläumsreigens am Sonntag, 21. September mit Bischof Dr. Franz Jung gibt es beispielsweise am Freitag, 10. Oktober, ein Erzähltheater mit dem Schauspieler Dr. Markus Grimm, bei dem der alte Tilman Riemenschneider sich auch mit der Beweinungsgruppe auseinandersetzt. In Zusammenarbeit mit dem Universitätsbund gibt Kunsthistoriker Privatdozent Dr. Johannes Sander am Mittwoch, 29. Oktober, eine Führung zum Spätwerk Riemenschneiders. Die Themen Trauer und Liebe werden bei mehreren Veranstaltungen aufgegriffen. So findet am Samstag, 8. November, unter Leitung von Pastoralreferent Dr. Armin Bettinger, Systemischer Berater, Supervisor, Organisationsberater und Coach sowie Studienleiter bei der Domschule Würzburg, im Pfarrheim Maidbronn ein Nachmittag für alle statt, die einen lieben Menschen verloren haben. Am Abend feiert Gabel einen Segnungsgottesdienst für alle, die eines lieben Verstorbenen gedenken möchten. Warum die Beweinung Christi zu den häufigsten Themen in der westlichen Malerei und Skulptur von der Gotik bis zum Barock gehört, erklärt der Würzburger Kunsthistoriker Professor Dr. Damian Dombrowski am Mittwoch, 28. Januar 2026, bei einem Vortrag.
Was hilfreich ist im Umgang mit Trauernden, erläutert die Diplom-Pädagogin und langjährige Krankenhausseelsorgerin Mechthild Ritter bei einer Veranstaltung am Dienstag, 24. Februar 2026. Wie die Botschaft „Für uns gekreuzigt“ heute zu verstehen ist, darüber spricht Professor Dr. Matthias Reményi vom Würzburger Lehrstuhl für Fundamentaltheologie und vergleichende Religionswissenschaft am 11. März 2026. Gedichte und Gesänge aus verschiedenen Epochen zur Passion sind am Sonntag, 15. März 2026 zu hören. Sprecher ist Hansjörg Ewert, es singt der Kammerchor Heilig Kreuz Würzburg unter der Leitung von Anke Willwohl. Kindgerechte Zugänge zu Riemenschneider für junge Interessierte im Alter von sechs bis zwölf Jahren bietet ein Workshop in Museum für Franken auf der Festung Marienberg in Würzburg am Samstag, 21. März, der in Zusammenarbeit mit dem Museum für Franken veranstaltet wird und den Kunsthistorikerin Susanne Bayer leitet. Veranstaltungsort ist ansonsten jeweils die Kirche oder das Pfarrheim in Maidbronn, Anmeldung zu diesen Angeboten und weitere Informationen im Internet unter www.domschule-wuerzburg.de/riemenschneideraltar.
mh (POW)
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